Im Blickpunkt des FLS-Vortragsabends steht die immerwährende Frage: Wie einsam ist Israel? Die Vernichtungsaktion der Hamas und das Pogrom in Südisrael vom 7. Oktober 2023 waren nur durch jahrelange Unterstützung aus Teheran möglich, und die Voraussetzung für diese Unterstützung waren die Milliardengeschäfte deutscher Unternehmen mit dem iranischen Regime, die in den letzten Jahrzehnten von ausnahmslos allen deutschen Parteien und Regierungen gefördert wurden. Solange es zu keiner 180-Grad-Wende in der Politik gegenüber dem Regime im Iran kommt bleiben die Solidarisierungen mit dem angegriffenen Israel genauso billige Rhetorik wie die formelhaften Beschwörungen eines „Nie wieder“ und „Wehret den Anfängen“.
Vor diesem Hintergrund wird der Vortrag den Antisemitismus des iranischen Regimes und seiner Verbündeten skizzieren und verdeutlichen, inwiefern die konsequente Bekämpfung der Hamas, der Hisbollah und des iranischen Regimes die Voraussetzung für jegliche Verbesserung der Situation im Nahen und Mittleren Osten ist. Zudem soll gefragt werden, inwiefern die Bündnispolitik Israels im Rahmen der Abraham Accords ein Gegengewicht zur iranischen Achse des antisemitischen Terrors schaffen kann.
Nicht zuletzt widmet sich der Vortrag der neuen Antisemitismus-Welle in Deutschland - und dem damit einhergehenden Antizionismus.
Prof. Dr. Stephan Grigat, Jg. 1971, ist Professor für Theorien und Kritik des Antisemitismus an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen und Leiter des Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) in Aachen. Er ist Research Fellow an der Universität Haifa und am London Center for the Study of Contemporary Antisemitism, Autor von „Die Einsamkeit Israels: Zionismus, die israelische Linke und die iranische Bedrohung“ (Konkret 2014), Herausgeber von „Kritik des Antisemitismus in der Gegenwart: Erscheinungsformen – Theorien – Bekämpfung“ (Nomos 2023) und Mitherausgeber von „Erinnern als höchste Form des Vergessens? (Um-)Deutungen des Holocaust und der Historikerstreit 2.0“ (Verbrecher Verlag 2023).
Fritz Bauer (1903-1968) geriet in den letzten Jahren zu einer vielbeachteten Größe in der bundesdeutschen
Erinnerungskultur. Biografien, Ausstellungen, Dokumentar- und Spielfilme, Ehrungen in Gestalt von Gedenktagen und in Form von Denkmalen, Erinnerungstafeln, Straßen- und Platzbenennungen haben ein
Bauer-Bild geschaffen, das recht eindimensional ist und deshalb der kritischen Erörterung bedarf.
Insbesondere das mediale Bauer-Bild lässt ihn meist als eifrigen, unerbittlichen Nazi-Jäger erscheinen, der in einer ihm feindlich gesinnten Umwelt standhaft und
kämpferisch sein Ziel verfolgte, NS-Verbrecher vor Gericht zu bringen.
Fritz Bauer war jedoch viel mehr. Er war ein politischer Akteur, der unerschrocken und furchtlos für die Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte eintrat und für den
Schutz der Menschenwürde durch Humanisierung unserer Gesellschaft stritt. Bauer machte zudem als ein vehementer Kritiker des überkommenen Strafrechts und ein Kämpfer für einen humanen,
Resozialisierung anstrebenden Strafvollzug von sich reden.
Der Vortrag macht den Versuch, dem einseitigen Bauer-Bild des „Nazi-Jägers“ die komplexe Persönlichkeit des großen Justiz-Juristen, Demokratie-Aufklärers und
Kämpfers für die Menschenrechte entgegenzusetzen.
Werner Renz war seit der Gründung des Fritz Bauer Instituts im Jahr 1995 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter des
Instituts und Leiter des Archivs und der Bibliothek. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten Fritz Bauer, die Frankfurter Auschwitz-Prozesse und die Geschichte des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau
hat er zahlreiche Publikationen veröffentlicht. Werner Renz studierte Germanistik, Linguistik und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Beim Fritz Bauer
Instituts baute er Archiv und Bibliothek des Instituts auf und forschte im Rahmen des Forschungsprojekts „Gerichtstag halten über uns selbst...“ zur Geschichte des ersten Frankfurter
Auschwitz-Prozesses. Herausgeber u.a. von "Interessen um Eichmann" (Campus-Verlag, 2012), Mitherausgeber von "Der Frankfurter Auschwitz-Prozess" (1963 – 1965). Kommentierte Quellenedition"
(Campus-Verlag, 2013) und "Henry Ormond – Anwalt der Opfer. Plädoyers in NS-Prozessen" (Campus-Verlag, 2015).
Der erste spektakuläre Prozess Fritz Bauers war der, in dem er als Braunschweiger Generalstaatsanwalt im März des Jahres 1952 die Anklage gegen den 2. Vorsitzenden
der rechtsextremen „Sozialistischen Reichspartei“ und NS-Täter Otto Ernst Remer führte. Dieser hatte den Umsturzversuch Stauffenbergs, Wilhelm Leuschners u.v.a. als angeblichen „Hoch- und
Landesverrat“ verunglimpft. Das Gerichtsverfahren war als öffentliche Rehabilitation der Widerstands- und Freiheitskämpfer des 20. Juli 1944 gedacht, es ging Fritz Bauer um nichts wenigere als
die volle Anerkennung des Widerstands. Aber auch der weitgehend ausgebliebene Widerstand der meisten Deutschen gegen die NS-Diktatur, von Millionen Mitläufern und Mittätern, beschäftigte Fritz
Bauer Zeit seines Lebens. Er versuchte Gründe dafür zu finden, gab rechtliche und moralische Maßstäbe für einen demokratischen Widerstand an die Hand. Bauer vertrat eine Pflicht jeder und jedes
Einzelnen zum Widerstand, wo der Staat die Prinzipien der Humanität und der Gleichheit missachte. Der Bilder- Vortrag zeigt, dass Bauers Überlegungen eng mit seinen Erfahrungen als politisch und
antisemitisch Verfolgter, der wegen seines jüdischen Glaubens ins Dänemark- und Schweden-Exil fliehen musste, verwoben waren, aber auch mit dem, was ihm in der westdeutschen
Nachkriegsgesellschaft und seiner Tätigkeit als Generalstaatsanwalt in Hessen widerfuhr.
Über die Referentin Dr. Katharina Rauschenberger
Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fritz Bauer-Instituts, Frankfurt/Main.
Katharina Rauschenberger ist seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fritz Bauer Institut, hier unter anderem für die Entwicklung, Konzeption und Koordination
des Veranstaltungsprogramms zuständig. Zudem ist sie Redakteurin der Einsicht. Bulletin des Fritz Bauer Instituts. Sie hat an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Geschichte, Philosophie und
Spanisch studiert. Im Jahr 2001 wurde sie an der Technischen Universität Berlin mit der Arbeit Jüdische Tradition im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Zur Geschichte des jüdischen
Museumswesens in Deutschland promoviert. Von 1989 bis 2003 war sie am Jüdischen Museum Frankfurt Mitarbeiterin in verschiedenen Projekten, darunter die Ausstellung »Die Rothschilds. Eine
europäische Familie«. Von 2006 bis 2008 wirkte sie als Projektkoordinatorin des Leo-Baeck-Programms »Jüdisches Leben in Deutschland – Schule und Fortbildung«. Von 2008 bis 2016 war sie für die
Programmkoordination zwischen dem Fritz Bauer Institut und dem Jüdischen Museum Frankfurt verantwortlich und 2015/16 Gastkuratorin am Jüdischen Museum Frankfurt.
Mehr Infos: www.liberale-synagoge-darmstadt.de